Künstliche Intelligenz oder Analoge Intelligenz
Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) wird in allen Lebensbereichen immer präsenter, so auch in der rechtlichen Beratung. Auch wir können und wollen uns dem Thema nicht entziehen. Doch eignen sich wirklich alle Rechtsgebiete zur Nutzung von KI und wo sind die Grenzen? Wir meinen, gerade im Erbrecht sollte die Analoge Intelligenz (AI) – nicht zu verwechseln mit „artificial intelligence“- weiterhin das Maß der Dinge sein.
Deshalb haben wir uns bewusst dazu entschieden, unsere Beratung weiterhin möglichst persönlich und auf den jeweiligen Mandanten zugeschnitten anzubieten und auch nur hierfür unsere Zeit aufzuwenden.
Vertrauensbasis – vor allem im Erbrecht
Grundlage einer Zusammenarbeit zwischen Mandant und Anwalt muss gerade im Erbrecht ein besonderes Vertrauensverhältnis sein. Dieses entsteht eher durch ein persönliches Gespräch und weniger durch eine Vielzahl von Beiträgen und Kanälen auf Social Media oder Stories über unsere Kanzlei-Katze Titi (von Justitia) oder unsere tollen Betriebsausflüge. Wenig geeignet ist auch die stark verkürzte Darstellung komplexer erbrechticher Probleme. Unter Aktuelles berichten wir lediglich von alltäglichen Problemen und wollen eine Beratung keinesfalls ersetzen.
Erbrecht ist höchstpersönlich
Wenige Rechtsgebiete sind so emotionsgeladen und häufig so persönlich wie das Erbrecht. Oft brauchen Mandanten überhaupt eine Zeit lang, bis sie sich dem Anwalt wirklich öffnen und erzählen, worum es wirklich geht. Oft besteht auch eine natürliche Hemmschwelle oder ein falsch verstandenes Schamgefühl. Berührungspunkte entstehen nämlich häufig in sensiblen Situationen, sei es nach dem Verlust eines vielleicht geliebten Menschen oder bei der Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit.
Fast immer geht es um höchstpersönliche Lebensbereiche wie etwa die Familie oder eigenen Nachlass und damit auch um den eigenen Tod.
Erbrecht sollte keinen Trends unterworfen sein
Nichts ist beständiger als der Wandel. Instagram, Facebook, Snapchat oder TikTok usw. mögen unterhaltsam und in manchen Bereichen sicher auch nützlich sein. Auch Programme wie ChatGPT können durchaus ihre Berechtigung haben. Aber eben nicht grenzenlos. Im Erbrecht können (Fehl-) Entscheidungen gravierende Folgen haben – sei es die jahrzehntelange Bindung oder seien es familiäre Auswirkungen.
Grenzen der künstlichen Intelligenz
Der KI sind natürliche Grenzen gesetzt. Hier einige Beispiele:
Testament errichten? Persönliches Gespräch unumgänglich
Sie möchten Ihren letzten Willen regeln? Es gibt kaum etwas Persönlicheres, als das. Ein Testament oder ein Erbvertrag entfalten mitunter erst in Jahrzehnten ihre Wirkung. Auch die Folgen für die Hinterbliebenen sind oft nicht abzusehen. Welche Veränderungen ergeben sich in den nächsten Jahrzehnten in Ihrer Familie?
Möchten Sie dann, dass ein Algorithmus (KI) Ihren letzten Willen abfasst? Wohl kaum! Solch tiefgreifende Entscheidungen müssen im persönlichen Gespräch erarbeitet und aus der anwaltlichen Erfahrung heraus sorgfältig geprüft und gegeneinander abgewogen werden. Am Ende muss eine Regelung stehen, die der Mandant auch versteht. Spätestens hier versagt künstliche Intelligenz.
Unsere Maxime lautet daher immer: Am Ende einer vernünftigen Beratung muss möglichst eine Regelung stehen, bei der der Mandant nachts um 3 noch weiß, was er eigentlich geregelt hat und bei er seinen letzten, höchstpersönlichen Willen wiedererkennt.
Aber auch wenn der Erbfall eingetreten ist, kann die KI versagen. Oder trauen Sie einem Algorithmus zu, einen letzten Willen auszulegen? Was wollte der Erblasser wirklich? Was waren seine Beweggründe?
Vorweggenommene Erbfolge – Übergabe mit warmer Hand
Nachlässe waren noch nie so werthaltig wie jetzt. Es erbt eine sehr reiche Generation. Mandanten machen sich daher immer häufiger Gedanken, ob sie einen Teil des Vermögens bereits zu Lebzeiten auf die künftigen Erben übertragen sollen. Man spricht dann von einer Übergabe mit warmer Hand. Gerade dann, wenn es etwas zu vererben gibt, wenn Pflichtteilsansprüche möglichst gering ausfallen sollen oder eine Pflegebedürftigkeit oder gar ein Heimaufenthalt nicht zur Katastrophe führen soll, kommen solche Gedanken auf.
Auch dann sind die Erfahrung und die Empathie eines realen Menschen gefragt. Es ist genau abzuwägen, ob und wenn ja welche Vermögenswerte zu Lebzeiten übertragen werden sollen und unter welchen Bedingungen. Auch steuerliche Aspekte können eine Rolle spielen.
Einige Fragestellungen sind dann:
- Was passiert, wenn ich meinem Kind mein Haus oder meine Firma übertrage und mein Kind vor mir stirbt? Wer erbt dann?
- Was passiert, wenn mein Sohn auf die schiefe Bahn gerät?
- Was passiert, wenn ich mit dem neuen Partner meines Kindes nicht einverstanden bin?
- Brauche ich das Haus noch, um es evtl. verkaufen zu können?
- Möchte ich in dem Haus weiter selbst wohnen?
- Sollte ich solche Schritte auch mit meinen anderen Kindern vorher besprechen?
- Wie kann ich steuerliche Freibeträge optimal ausnutzen?
- Wie verhindere ich, dass meine Kinder mich aus meiner eigenen Firma werfen?
Solch wichtige Fragen kann künstliche Intelligenz nicht beantworten. Hierbei hilft auch kein mehr oder minder professionell gepflegter Social-Media-Kanal.
Erbengemeinschaften auseinandersetzen – Fingerspitzengefühl gefragt
Oft sind gerade Erbengemeinschaften äußerst konfliktbehaftet. Meist geht es um viel Geld oder aber einer der Erben fühlt sich benachteiligt. Dann sind Empathie, Fingerspitzengefühl und Erfahrung gefragt, um überhaupt vernünftige Lösungen erreichen zu können.
Ein Algorithmus hat kein Fingerspitzengefühl – der Anwalt möglichst schon
Gerade in solchen Situationen kann es erforderlich werden, im Einzelfall vielleicht weniger auf eine strikte Anwendung des Rechts zu bestehen, als vielmehr eine für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösung zu finden. Manchmal kann es auch sinnvoll sein, an der einen oder anderen Stelle nachzugeben im Sinne einer Gesamtlösung. Diese Schritte kann nur ein Mensch vernünftig begleiten. Im Optimalfall handelt es sich hierbei um einen im erbrecht erfahrenen Rechtsanwalt.
Pflichtteil geltend machen – Erfahrung erforderlich
Auch wenn Sie enterbt sind, müssen Sie nicht leer ausgehen. Aber auch hier kann die strikte Anwendung der rechtlichen Regelungen zu einer unnötigen Belastung werden. Oft sind auch hier praxisgerechte Lösungen vorzuziehen. Dies kann z.B. bei der Bewertung von Nachlassgegenständen der Fall sein und bei der Beantwortung der Frage, ob die Einholung eines weiteren Gutachtens überhaupt sinnvoll ist. An anderer Stelle kommt es aber häufig auf eine exakte Anwendung der rechtlichen Regelungen an. Auch dann kommt es wieder auf Erfahrung an. Die Abwägung kann schwierig sein.
Datenschutz – Bleistift & Papier oder cloudbasierte KI
Ein weiteres Problem kann sich bei der Nutzung von KI ergeben im Hinblick auf den Datenschutz. Oder möchten Sie, dass höchstpersönliche Daten wie etwa Ihr Vermögen, Ihre persönlichen Verhältnisse o.ä. elektronisch verarbeitet werden, ohne dass genau klar ist, wer eigentlich alles „mitlesen“ kann? Zum Teil wird dieses Thema allzu stiefmütterlich behandelt. Höchstpersönliche Daten werden zur Verarbeitung in der Welt herumgeschickt. In vielen Fällen ist es dann doch besser, wenn der Inhalt des persönlichen Gesprächs zwischen Anwalt und Mandant auch nur zwischen diesen bleibt. Auch dies ist ein gewichtiger Teil von Vertrauen. Manchmal sind eben Bleistift und Papier zwar “oldschool” aber sicher und durch nichts zu ersetzen.
KI punktuell einsetzen – aber mit Bedacht
Auch wir können und wollen uns einer fortschreitenden Digitalisierung nicht verschließen. Wir nutzen KI in den Bereichen, die für den Mandanten keine direkten Auswirkungen haben. Dies kann z.B. die gesicherte Verwaltung der Akten oder das Abfassen von Schriftsätzen sein.
Persönliche Betreuung – das A und O der anwaltlichen Tätigkeit
In allen anderen Bereichen werden wir weiterhin auf den persönlichen Kontakt und die persönliche Betreuung des Mandanten setzen. Wir haben zwar keine Stories auf Social-Media-Kanälen über unsere tolle Weihnachtsfeier, unser soziales Engagement nach dem Motto “tue Gutes und sprich darüber” oder unsere Haustiere oder einen neuen tollen Bürostuhl. Wir nehmen uns aber auch in Zukunft lieber Zeit für die individuelle, persönliche und v.a. menschliche Betreuung unserer Mandanten.
Jeder kann und soll für sich entscheiden, was ihm in seiner individuellen Situation weiterhilft. Social Media oder ein Anwalt, der in Lösungen denkt. Sie wollen mehr erfahren? Vereinbaren Sie am besten gleich einen Termin zu Beratung unter 0681 3875 1450.