Ausschlagung mit (ungeahnten) Folgen
So manche Entscheidung kann weitreichende Folgen für die Zukunft haben. Wie in diesem Fall:
Ernestine (E) hatte in den 80er und 90 er Jahren eine erfolgreiche Partnervermittlung, bis sich Apps und Online-Dating durchsetzten. Sie hatte es zu einem nicht unerheblichen Vermögen gebracht bestehend aus Bargeld, Anlagen und Immobilien. Nur eines hatte sie nicht erreicht: eine eigene Familie zu gründen.
E wollte ihren Nachlass unter ihren beiden Neffen Romeo (R) und Carl (C) aufteilen und errichtete eine letztwillige Verfügung in Form eines handschriftlichen Testaments. Darin bedachte Sie ihre beiden Neffen jeweils zu ½, ersatzweise deren Abkömmlinge. C hatte eine Tochter namens Maria (M), die erst kurz nach E’s Tod geboren wurde. R war kinderlos geblieben. Weitere Regelungen erfolgten nicht.
Keine Beratung
Leider ließ sich E nicht vorher beraten. Sie war tatsächlich sehr sparsam geworden, machen sagten, sie sei geizig. Sie verließ sich auf die „Beratung“ Ihres Tennisfreundes Friedwart Grün und auf das, was sie beim Friseur in einschlägigen Magazinen über das Erbrecht las.
Leider übersah sie hierbei die Möglichkeit, dass C das Erbe seiner Tante ausschlagen kann. Sie übersah hierbei auch die Folge, dass M somit grundsätzlich ebenfalls von der Erbfolge ausgeschlossen wurde. Sie wusste im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments noch nichts von M. Als sie die frohe Kunde erfuhr, war sie zu schwach, noch ein geändertes Testament zu errichten.
Es kam wie es kommen musste: Da C hoch verschuldet war, schlug er das Erbe nach E aus und ging davon aus, dass seine Tochter M an seine Stelle tritt. Weit gefehlt!
M geht leer aus
Da keine ausdrücklichen Regelungen im Testament getroffen wurden, die den Fall der Ausschlagung regelten, ging das Nachlassgericht davon aus, dass (im Zweifel) M auch von der Erbfolge ausgeschlossen war. M wurde erst nach dem Tod der E geboren. E wusste zwar von der baldigen Vaterschaft des C. Sie wusste jedoch nichts von dessen erheblicher Verschuldung. Sie ging davon aus, dass ihr Lieblingsneffe C ein erfolgreicher Immobilienmakler sei. Auch hier irrte sie.
Das Nachlassgericht fand für eine abweichende Auslegung des Testaments keine Anhaltspunkte. Es interpretierte den Willen der E dahingehend, dass R Alleinerbe werden sollte, wenn C nicht zum Erben berufen wird. Dies sollte auch dann gelten, wenn C das Erbe ausschlägt.
Wieder einmal zeigt sich, dass eine umfassende Beratung im Vorfeld und eine punktgenaue Umsetzung im Testament unumgänglich ist. Das Ergebnis einer Auslegung kann nur selten vorausgesehen werden.Sie ist häufig vom Ergebnis her völlig offen. Für eine Anfechtung der Ausschlagung war es zu spät.
Ausschlagung nicht voreilig erklären
Es zeigt sich aber auch, dass eine Ausschlagung nicht immer das Mittel der Wahl ist. Zwar lassen sich so Beschränkungen wie Testamentsvollstreckung, Vermächtnisse oder eine erbvertragliche Bindungswirkung umgehen. Die Folgen sollten aber immer bis zum Ende durchdacht werden. Dies gilt auch bei einer Ausschlagung nach § 2306 BGB. Dann können Pflichtteilsberechtigte das Erbe ausschlagen und ihren Pflichtteil geltend machen. Aber auch hier gilt:
Vorsicht und keine vorschnellen Entscheidungen. Diese sind nur schwer wieder rückgängig zu machen.
Wir beraten Sie gerne. 0681 3875 1450. Vereinbaren Sie am besten gleich einen Termin zur Erstberatung und beachten Sie die Frist zur Ausschlagung