Tot oder nicht tot?
Voraussetzung für einen Erbfall ist, dass der Erblasser gestorben ist. In den meisten Fällen lässt sich dies unproblematisch nachweisen. Was aber tun, wenn der Erblasser sich auf eine gefährliche Tour durch die Wüste begibt und nicht mehr zurückkommt?
Hierfür sieht das Verschollenheitsgesetz (VerschG) die Möglichkeit vor, eine Person für tot erklären zu lassen.
In Kriegszeiten waren diese Erklärungen durchaus üblich. Nicht selten kam der Vater, Großvater oder Ehemann nicht mehr aus dem Krieg zurück. Wollte die Ehefrau einen neuen Partner heiraten oder wollten die Kinder das Erbe antreten, so war dies erst möglich, nachdem der Betreffende für tot erklärt wurde. Aber auch heute noch hat das Verschollenheitsgesetz seine Daseinsberechtigung.
Hierzu folgender Fall:
Axel (A) ist seit vielen Jahren mit seinem Partner Bohnekamp (B) liiert, seit etwa 5 Jahren sind die beiden verheiratet. A hatte sich an vieles gewöhnt, nicht aber an B’ s Sensations- und Abenteuerlust. Daher verreiste B häufig mit dem ebenfalls abenteuerlustigen Cäsar (C).
Im Frühjahr des Jahres 2022 brachen B und C demnach auf eine abenteuerliche Reise auf: Sie wollten zum Dach der Welt, namentlich zum Mount Everest. Trotz A’ s Bedenken ließ sich B um keinen Preis davon abbringen. Es kam wie es kommen musste: B und C kamen von ihrem Trip nicht mehr zurück. Weder ein Lebenzeichen, noch die Leichen der beiden konnten gefunden werden. B galt als verschollen
A möchte Erbe antreten
A und B hatten sich wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt. Eine testamentarische Regelung war alleine schon erforderlich, weil die beiden ein gut gehendes Hotel in St. Ingbert hatten. Dieses wollte A alleine weiterführen. Zudem wollte er seinen langjährigen Oberkellner Pierre (P) heiraten.
Todeserklärung grundsätzlich nach 10 Jahren
Grundsätzlich beträgt die Frist, nach der jemand für tot erklärt werden kann 10 Jahre. Diese Frist gilt insbesondere dann, wenn neben das Verschwinden keine weiteren Umstände getreten sind. Hiermit wollte sich A jedoch nicht abfinden. Der Betrieb sollte ja weitergehen.
Kürzere Frist in Ausnahmefällen – dann ein Jahr ausreichend
Liegt eine sog. „Gefahrenverschollenheit“ vor, so kann die Todeserklärung ausnahmsweise auch nach einem Jahr erfolgen gemäß § 7 VerschG. Wesentliche Voraussetzung ist, dass die betroffene Person aller Voraussicht nach in erhebliche Lebensgefahr geraten war.
So lag der Fall hier: Mitglieder einer anderen Reisegruppe aus China hatten übereinstimmend berichtet, dass B und C in eine tiefe Schlucht gefallen seien. Demnach sei mit einem Überleben nicht zu rechnen.
Zwar lehnte das Amtsgericht den Antrag auf Todeserklärung zunächst ab. In dieser Entscheidung wurde es dann durch das Oberlandesgericht (OLG) korrigiert.
Der B wurde für tot erklärt. A konnte das Erbe antreten. Den P hat er aber doch nicht geheiratet. Für dessen Lebenswandel konnte sich A nicht mehr erwärmen.
Dieser Fall ist angelehnt an die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 01.12.2023, Az. 14 W 86/23 und zeigt, wie vielschichtig das Erbrecht sein kann.
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