Das Unternehmertestament
Ein Testament muss formwirksam sein. Daneben sollte es auch inhaltlich auf den Einzelfall zugeschnitten sein. Aktuellen Entwicklungen und Veränderungen in der Familie sollte Rechnung getragen werden. Aber auch die Vermögensstruktur sollte berücksichtigt werden.
Geradezu eine Fülle neuer Problemfelder ergibt sich, wenn im Nachlass ein Unternehmen oder zumindest Gesellschaftsanteile vorhanden sind. Dann reicht bloßes Erbrecht nicht mehr aus. Neben steuerrechtlichen Aspekten gewinnen dann auch gesellschaftsrechtliche Aspekte schnell an Bedeutung. Dem Erblasser drängen sich mitunter folgende Fragen auf:
- Wie kann der laufende Betrieb aufrechterhalten werden?
- Wie kann ich die Zerschlagung meines Unternehmens verhindern?
- Wie kann ich verhindern, dass durch Erbschaft Gesellschafter in das Unternehmen kommen, die “keinen blassen Schimmer” haben?
- Wie kann ich ein „Ausbluten“ der Gesellschaft verhindern?
- Wie kann mein überlebender Partner abgesichert werden?
- Wie kann die Übertragung steuerlich optimal gelöst werden?
- Inwieweit muss der Gesellschaftsvertrag berücksichtigt werden?
- Wie kann ich die Kündigung der Gesellschaft durch einen der erben (zeitlich begrenzt) verhindern?
- Wie können die Erben vor Pflichtteilsansprüchen geschützt werden?
- Wie werden Schenkungen in der Vergangenheit berücksichtigt? Kann ich eine Anrechnung auf den Pflichtteil herbeiführen?
Für all diese Fragen können Lösungen gefunden und testamentarisch umgesetzt werden. Je komplexer die Vermögensstruktur ist, umso wichtiger ist eine frühzeitige und v.a. umfassende Beratung. Möglicherweise macht es auch Sinn, Vermögen zunächst auf den Ehegatten zu übertragen, ggf. durch Ausnutzung der Güterstandsschaukel.
Ein wesentlicher Punkt ist auch die Form des Unternehmens. Gesellschaftsanteile bei Kapitalgesellschaften sind grundsätzlich frei vererblich, die Nachfolge richtet sich per se nach dem Erbrecht. Soll hiervon abgewichen werden, so muss dies (gesellschaftsrechtlich) abweichend geregelt werden. Anders sieht es bei Personengesellschaften aus – auch hier sollte genau beachtet werden, was für den Erblasser und das Unternehmen am Besten ist.
Lösungsansätze
Abschließende Lösungsansätze sind ebenso wenig möglich wie eine allgemeingültige Musterlösung. Dazu sind die Sachverhalte zu vielschichtig. Ausschlaggebende Punkte sind u.a. Art und Form des Unternehmens, die Personen der Erblasser und Erben, sowie deren Vorstellungen und Neigungen. Daher eine kleine Auswahl:
Gesellschaftsrechtliche Lösungen
Schon auf der Ebene des Gesellschaftsrechts lassen sich schon viele Probleme lösen. So kann die Geschäftsführung bzw. Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs gesichert werden. Mitunter kann gerade hierfür Testamentsvollstreckung angeordnet werden. Auch das Schicksal der Gesellschaftsanteile kann verbindlich geregelt werden; sei es durch Nachfolgeregelungen, sei es durch den zeitweisen Ausschluss der Kündigung der Gesellschaft (bspw. Familiengesellschaft) oder sei es durch Installierung einer Geschäftsführung oder einer Testamentsvollstreckung. Auch die Stundung von evtl. anfallenden Abfindungen für scheidende Erben sollte berücksichtigt werden. Nicht selten führen derlei Abfindungen dazu, dass die Gesellschaft in wirtschaftliche Schieflage gerät.
Nachfolgeklausel können festlegen, wer Gesellschafter werden soll. Dies ist dann bedeutsam, wenn nicht alle Erben die identischen Voraussetzungen bieten, für die Gesellschaft ein Gewinn zu sein. Möglicherweise ist einer der Erben aufgrund seiner Ausbildung oder seines Gesundheitszustands nicht geeignet. Dann wäre er für den Fortbestand der Gesellschaft eher ein Hindernis. Man stelle sich z.B. vor, eines der Kinder erlangt eine Gesellschafterstellung steht unter Betreuung.Dann sitzt auf einmal der Betreuer mit am Tisch der Gesellschafter.
Handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft (bspw. GmbH), so muss eine vom Erbrecht abweichende Lösung gefunden und umgesetzt werden. Aber auch bei Personengesellschaften besteht einiges an Gestaltungsspielraum.
Aber auch der Zugriff auf ein Geschäftskonto sollte geregelt werden. Allzu oft werden transmortale -über den Tod hinausgehende- Vollmachten vergessen. Dann werden die Konten der Gesellschaft „eingefroren“, sobald der Berechtigte verstorben ist. Gehälter und Rechnungen können nicht mehr bezahlt werden. Das Unternehmen und damit das Lebenswerk sind dann schnell am Ende. Eine äußerst irritierende Vorstellung! Vollmachten für leitende Angestellte, Vertraute oder Geschäftsführer sind unumgänglich.
Erbrechtliche Lösungen
In einem zweiten Schritt sind dann die erbrechtlichen Wünsche mit der gesellschaftsrechtlichen Realität in Einklang zu bringen. Ein Abglich mit dem Gesellschaftsrecht ist zwingend! Insbesondere gilt es zu verhindern, dass Pflichtteilsansprüche den Fortbestand des Unternehmens gefährden. Eine Möglichkeit bieten sog. Pflichtteilsstrafklauseln oder ein Pflichtteilsverzicht. Eine andere Möglichkeit besteht darin, zu Lebzeiten Schenkungen unter Anrechnung auf den Pflichtteil zu vollziehen. Dies schafft Planungssicherheit für die Erben und die Gesellschaft.
Hat der Erbfall Auslandsbezug, so sollte eine Rechtswahl getroffen werden, soweit dies möglich ist. Wird dies nicht getroffen, so ist der Erbfall ggf. unter mehreren verschiedenen Rechtsordnungen abzuwickeln. Auch dies schafft ganz schnell großen Ärger.
Steuerrechtliche Lösungen
Schließlich sind die Lösungen, die herausgearbeitet wurden, auch in steuerrechtlicher Hinsicht zu prüfen. Mitunter bietet es sich an, bestimmte Gestaltungen zu wählen, um so legale Möglichkeiten der Steueroptimierung zu nutzen. In Betracht kommt die vorweggenommene Erbfolge unter Vorbehalt eines Nießbrauchs. Dies ist auch an Gesellschaftsanteilen möglich. In Betracht kommt auch die sog. Güterstandsschaukel. Aber auch hier sollte gesellschaftsrechtlich sichergestellt sein, dass es nicht zu Blockaden einzelner Miterben oder Gesellschafter kommt. Mittel der Wahl sind dann abweichende Regelungen zu Stimmrechten. Auch ein stimmrechtsloser Gesellschafter ist denkbar.
Aber auch die Möglichkeit von „Schwarzgeld im Nachlass“ ist in Erwägung zu ziehen. Hatte der Erblasser schwarze Konten, möglicherweise im Ausland und machen die Erben keinen reinen Tisch, so kann sich eine Strafbarkeit ergeben.
Fazit: Alleine diese kleine Auswahl an Problemen zeigt, dass ein Unternehmertestament unbedingt eingehender und umfassender Beratung bedarf. Allzu oft erleben wir, dass gefährliches Halbwissen zu fatalen Fehlern geführt hat. Ist der Erbfall eingetreten, so ist eine Korrektur nur noch selten möglich. Wir sind in der Lage, aufgrund unserer klaren Ausrichtung all diese Probleme einer Lösung zuzuführen. Möglicherweise ist eine Familiengesellschaft auch die richtige Lösung.
Neben dem Erbrecht beschäftigen wir uns auch mit dem Gesellschafts- und dem Steuerrecht. Wir beraten Sie gerne. Einen ersten Überblick verschafft die Erstberatung.
Bildquellen
- vor dem Erbfall: MakroBetz/Shutterstock.com