Testamente
Zu unterscheiden sind grundsätzlich das privatschriftliche und das notarielle Testament. Das Nottestament dürfte eine untergeordnete Rolle spielen. Typischer Anwendungsfall sind eine plötzlich eintretende lebensbedrohliche Krankheit oder ein Krankenhausaufenthalt mit ungewissem Ausgang.
In allen Fällen muss der Erblasser im Zeitpunkt der Abfassung testierfähig sein.
Testierfähigkeit:
Die Testierfähigkeit ist zu unterscheiden von der Geschäftsfähigkeit. Sie ergibt sich aus § 2229 BGB und wird dann vermutet, wenn der Erblasser in der Lage ist, seinen Willen irgendwie zu artikulieren. Zudem muss er in der Lage sein, die Bedeutung seiner Willenserklärung zu erkennen.
Problematisch kann dies insbesondere im Falle einer Demenz sein. Daher sollten sich Betroffene frühzeitig darum bemühen, den letzten Willen zu regeln.
Im Zweifelsfall kann der Nachweis fehlender Testierfähigkeit schwierig sein. Diese wird grundsätzlich vermutet.
Das privatschriftliche (handgeschriebene) Testament:
- 2247 BGB sieht vor, dass ein privatschriftliches Testament eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein muss. Es reicht daher nicht aus, dass ein gedruckter Text vom Erblasser nur unterschrieben wird. Auch nicht ausreichend ist, wenn jemand anderes als der Erblasser ein Testament vorschreibt und der Erblasser dieses lediglich unterschreibt.
- auch das Abfassen auf einer Tischplatte kann ausreichend sein – sofern das Testament unterschrieben ist (OLG Köln vom 23.09.2020)
Hilfreich aber nicht zwingend ist die Angabe eines Datums. Dies wird besonders dann wichtig, wenn mehrere Testamente existieren. Die Erfahrung zeigt, dass gerade ältere Menschen ein merkwürdiges Hobby entwickeln: Sie verfassen Testamente.
Verfassen Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner ein gemeinschaftliches Testament, so ist ausreichend, dass einer der Beteiligten das Testament eigenhändig schreibt und unterschreibt. Der andere setzt dann seine Unterschrift unter das Testament. Er bekundet damit, dass die Verfügungen auch für ihn gelten sollen.
Aufgrund der gravierenden Auswirkungen eines Testaments sollte ein solches erst nach umfassender Beratung abgefasst werden. Hierbei können auch steuerliche Aspekte von gewichtiger Bedeutung sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Nachlass umfangreich und werthaltig ist. Durch Gestaltungen lassen sich steuerliche Belastungen oftmals minimieren. Eine Möglichkeit ist die vorweggenommene Erbfolge
Amtliche Verwahrung des Testaments:
Jeder sollte sich frühzeitig Gedanken darüber machen, dass sein Testament sicher verwahrt wird. Nicht selten „verschwinden“ Testamente.
Typisch ist z.B. folgende Konstellation:
Der verwitwete Erblasser E hat seine Geliebte G zur Alleinerbin eingesetzt. Seinen Sohn S hat er enterbt. S bekäme noch seinen Pflichtteil. S findet das Testament und lässt es verschwinden. S beantragt einen Erbschein und wird Alleinerbe. G geht leer aus.
Zwar sind Testamente gemäß § 2259 BGB unverzüglich beim Nachlassgericht abzuliefern. Gleichwohl folgt dieser Verpflichtung längst nicht Jeder.
E wäre daher gut beraten gewesen, wenn er sein Testament beim Amtsgericht hinterlegt hätte. Dann ist ein Verschwinden ausgeschlossen. Das Testament wird dann von Amts wegen eröffnet.
Wir sind gerne bei der Hinterlegung des Testaments behilflich.
Das notarielle Testament:
Zu unterscheiden sind 2 Varianten – Das klassische notarielle Testament (1) und die Übergabe einer Schrift (2):
1. Das klassische notarielle Testament gemäß § 2232 I, Variante 1 BGB:
In diesem Fall wird der letzte Wille durch den Notar formuliert. Das Testament muss dann in der Regel durch den oder die Erblasser nur unterzeichnet werden. Der Notar bestätigt durch seine Unterschrift, dass die Erklärungen von dem Erblasser bzw. den Erblassern stammen.
2. Das notarielle Testament durch Übergabe einer Schrift gemäß § 2232 I, Variante 2 BGB:
Möglich ist, dem Notar eine unverschlossene oder eine verschlossene Schrift zu übergeben und um Beurkundung der Entgegennahme zu ersuchen. Diese Variante kommt in der Praxis selten vor. Meist wird eine verschlossene Schrift übergeben. Dies dient dazu, den Inhalt des letzten Willens -auch vor dem Notar- geheim zu halten. Aus welchen Beweggründen dies geschieht kann vielfältige Ursachen haben. Jedenfalls ist zu berücksichtigen: eine Beratung erfolgt nicht!
Der Notar beurkundet dann die Übergabe und macht (im Optimalfall) Angaben zu seinem Eindruck der Testierfähigkeit. Der Erklärende muss dem Notar gegenüber zum Ausdruck bringen, dass die Erklärung von ihm stammt. Eigenhändig schreiben muss er diese nicht.
Aber in jedem Fall gilt: Kein Notarielles Testament errichten, bevor der tatsächliche Wille und die jeweiligen Folgen durch einen versierten Rechtsanwalt herausgearbeitet wurden! Hierzu zählen auch die Folgen für die Erben und deren evtl. Belastung mit Erbschaftsteuer. Allzu oft führen Testamente zu ungewollten Ergebnissen. Ein Beispiel finden Sie hier. Eine Korrektur ist u.U. nicht mehr möglich.
Beispiele zu inhaltlich missglücken Testamenten:
Der Nachlass besteht ausschließlich aus Immobilien:
Sachverhalt: Der Erblasser hinterlässt seinen beiden Kindern ein umfassendes Portfolio an Immobilien. Dieses hat einen Wert von ca. 2,5 Mio €. Weiteres Vermögen hat der Erblasser nicht, insbesondere kein nennenswertes Barvermögen. Er hat weder dem Euro, noch Banken vertraut. Ein Testament hat er nicht errichtet.
Folge: Jedes der Kinder erbt zu 1\2, mithin jeweils 1,25 Mio. €. Hört sich toll an.
Aber: Der Freibetrag der Erbschaftsteuer für Kinder beträgt derzeit 400.000 €.
Jedes der Kinder muss für 850.000 € Erbschaftsteuer bezahlen. Da auch die Kinder nicht über nennenswertes Barvermögen verfügen, müssen mehrere Immobilien innerhalb kürzester Zeit und unter Wert „verscherbelt“ werden, um die erhebliche Erbschaftsteuer bezahlen zu können.
Wollte der Erblasser das? Wohl kaum!
Lösung: Der Erblasser hätte sich sollen zu Lebzeiten schon Gedanken über eine vorweggenommene Erbfolge, der sog. „Übergabe mit warmer Hand“ machen. Er hätte können einzelne Immobilien im Wege der Schenkung schon zu Lebzeiten auf seine Kinder übertragen, So hätten können Freibeträge optimal ausgenutzt werden. Er selbst hätte sich können einen Nießbrauch an den Immobilien vorbehalten.
Der Nachlass besteht ausschließlich aus Aktien:
Sachverhalt: Der kinderlose Erblasser E und sein eingetragener Lebenspartner L haben sich wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt. E hinterlässt seinem eingetragenen Lebenspartner ein Aktiendepot. Dieses hat im Zeitpunkt des Erbfalls einen Wert von 650.000 €. Unmittelbar nach Eintritt des Erbfalls kommt es zu einem Börsencrash. Das Depot hat plötzlich noch einen Wert von 350.000 €.
Folge: L erbt das Aktiendepot. Der Freibetrag für die Erbschaftsteuer beträgt derzeit 500.000 €. Maßgeblich für die Bewertung ist der Zeitpunkt des Erbfalls. Dies ergibt sich aus § 9 ErbStG. Anzusetzen ist daher der Wert von 650.000 €. Nachträgliche Änderungen werden nicht berücksichtigt. L muss aus 150.000 € (650.000 € – 500.000 €) Erbschaftsteuer bezahlen, obwohl er „nur“ noch 350.000 € effektiv zur Verfügung hat.
Wollte der Erblasser das? Wohl kaum !
Lösung: Eine Lösung wäre gewesen, dass der Erblasser sein Vermögen anders strukturiert. Er hätte sich können „breiter“ aufstellen.
Eine andere denkbare Lösung wäre gewesen, auch hier den Weg der vorweggenommenen Erbfolge zu gehen und rechtzeitig Vermögenswerte auf L zu übertragen. Der Crash wäre zwar auch eingetreten. Jedoch müsste L zumindest keine Erbschaftsteuer bezahlen.
Diese beiden Beispiele zeigen, wie schnell ein „gut gemeintes“ Testament den oder die Erben in die Bredouille bringen können.
Das Nottestament:
- § 2249 und 2250 BGB sehen die Möglichkeit vor, ein Testament in Ausnahmefällen und Notsituationen vor dem Bürgermeister oder vor 3 Zeugen mündlich zu errichten.
Der Widerruf eines Testaments:
Ein frei errichtetes Testament –gleichviel ob privatschriftlich oder notariell beurkundet- kann jederzeit durch den Erblasser widerrufen werden gemäß § 2253 BGB. Dies geschieht im Regelfall durch Errichtung eines späteren, abweichenden Testaments. Dies ist geregelt in § 2254 BGB. Ein hinterlegte Testament wird in der Regel bereits widerrufen durch eine Herausnahme aus der amtlichen Verwahrung. Ausnahme: ein späteres Testament nimmt hierauf Bezug !
Auch ein gemeinschaftliches Testament kann jeder Zeit widerrufen werden.
Anders ist dies bei einem Erbvertrag. Dieser kann im Regelfall nicht einseitig widerrufen werden, außer wenn sich die Beteiligten den Widerruf ausdrücklich vorbehalten haben. Eine Korrektur ist selten möglich.