Der Erbvertrag:
Den Regelfall des Erbvertrages bildet das sog. „Berliner Testament“ ab. Im Kern vereinbaren Eheleute oder eingetragene Lebenspartner, dass sie sich wechselseitig zu Alleinerben einsetzen.
Nicht unüblich ist, dass auch gleich festgelegt wird, wer den Überlebenden schlussendlich beerben soll. Man spricht von der sog. „Schlusserbenregelung“. Solche Verfügungen können bindend oder nicht bindend vereinbart werden.
Jeder sollte sich darüber Gedanken machen, ob bindende Wirkung seiner Interessenlage entspricht oder aber ob abweichende Vereinbarungen für ihn besser sein könnten.
Form des Erbvertrages:
Anders als ein Testament –hierunter fällt auch das gemeinschaftliche Testament der Eheleute- kann ein Erbvertrag nur durch notarielle Urkunde errichtet werden. Dies ergibt sich aus § 2276 BGB. Die Formvorschrift ist zwingend. Wird sie nicht eingehalten, so ist der Erbvertrag unwirksam.
Inhaltlich kann ein Erbvertrag im Grunde alles regeln, was die Vertragspartner hinsichtlich ihres Nachlasses regeln wollen. Grenzen sind etwa gegeben bei sittenwidrigen Verfügungen.
Wirkung des Erbvertrages:
pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten
Der Erbvertrag kann grundsätzlich nicht mehr durch den Einzelnen widerrufen werden. Die Errichtung eines späteren Testaments durch den Einzelnen reicht grundsätzlich nicht aus.
Die Beteiligten können den Erbvertrag im Regelfall nur gemeinsam widerrufen – auch durch ein gemeinschaftliches Testament. Sie können sich aber auch –jeder für sich- den Rücktritt bzw. Widerruf im Erbvertrag selbst vorbehalten. Dies muss aber ausdrücklich geregelt sein.
Wechselseitig bindende Festlegungen im Erbvertrag können grundsätzlich nicht einseitig widerrufen oder aufgehoben werden.
Für den überlebenden Beteiligten kann der bindende Erbvertrag fatale Folgen haben
Nach dem Tod des Vertragspartners können bindende Verfügungen nicht mehr einseitig widerrufen werden. Der Überlebende kann –soweit die Bindungswirkung reicht- nicht mehr abweichend frei verfügen.
Mit Vorsicht zu regeln ist auch der Fall, dass beide Vertragspartner gleichzeitig versterben (Unfall): Die Formulierung sollte mit Bedacht ausgewählt sein. So reicht es regelmäßig nicht aus, den Fall des “gemeinsamen” Versterbens zu regeln. Diese Formulierung beinhaltet keine zeitliche Komponente – so die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 28.04.2021 hierzu. Der Fall, dass beide Vertragspartner gleichzeitig versterben sollte auch so geregelt sein. Wir beraten Sie gerne.
Beispiele für missglückte Erbverträge:
erstens kommt es anders…
Sachverhalt: Die Eheleute E haben einen gemeinsamen Sohn S. S hat weder Kinder, noch ist er verheiratet oder verpartnert. E errichten einen Erbvertrag. Sie setzen sich zunächst als Alleinerben ein. S bestimmen sie mit vertraglicher Bindung zum Schlusserben nach dem Überlebenden. Der Vater V überlebt seine Ehefrau M. Nach dem Tod der M wird auch S schwer krank. Sein Tod ist bald abzusehen. Er verstirbt noch vor seinem Vater.
Folge: Aufgrund der bindenden Wirkung der Schlusserbenstellung des S kann der überlebende V nach dem Tod der M nicht mehr abweichend testieren. S verstirbt jedoch vor V. Er kann diesen nicht mehr beerben. Es erbt die verhasste Schwester des V.
Lösung: Wäre die Einsetzung des S als Schlusserben anderweitig ausgestaltet worden, so hätte V noch können abweichend testieren. Er hätte können seinen Neffen zum Alleinerben bestimmen. Seine verhasste Schwester wäre „leer ausgegangen“. Daher gilt: Kein Testament ohne vorherige Beratung!
Eine neue Liebe…
Sachverhalt: Die Eheleute E haben 2 gemeinsame Kinder, den Sohn S und die Tochter T. E sind sehr vermögend. Der Vater V entstammt der Dynastie eines Verlagshauses. Beide Kinder leben in geordneten Verhältnissen. Sie sollen das Vermögen einmal erben.
E errichten einen Erbvertrag. Sie setzen sich zunächst wechselseitig als Alleinerben ein. Die beiden Kinder setzen sie als Schlusserben ein. Sie bestimmen, dass der Überlebende gleichwohl noch frei testieren kann. Auf die bindende Wirkung des Erbvertrages verzichten sie hinsichtlich der Schlusserbenstellung des S und der T.
Nachdem der Vater V verstorben ist, offenbart sich die Mutter M. Sie unterhält seit Jahren ein Verhältnis zu einem 30 Jahre jüngeren Mann. Nach dem Tod des Vaters ist der Weg frei. Sie heiratet diesen ziemlich schnell und setzt den neuen Mann an ihrer Seite zum Alleinerben ein.
Folge: E haben bewusst auf die bindende Wirkung der Einsetzung des S und der T als Schlusserben verzichtet. M kann ihren neuen Mann als Alleinerben einsetzen.
Zwar verbleibt den Kindern S und T der Pflichtteil, Dieser beträgt aber nur 1\2 des Anteils, den sie geerbt hätten.
Lösungsansätze:
1. Denkbar wäre gewesen, dass die E die Einsetzung der Kinder als Schlusserben mit bindender Wirkung vereinbaren. Dann hätte können M den neuen Mann nicht mehr als Alleinerben einsetzen könne. Ihm wäre allenfalls der Pflichtteil am Vermögen der M verblieben.
2. Denkbar wäre aber auch gewesen, dass die Schlusserbenstellung der Kinder an andere Bedingungen geknüpft worden wäre. Hier ist vieles machbar. Mitunter können auch genau solche Fälle ausgeschlossen werden.
3. Denkbar wäre auch gewesen, den überlebenden Ehegatten nur als Vorerben und die Kinder mit bindender Wirkung als Nacherben einzusetzen. Dann hätte die überlebende Ehefrau nicht über den Nachlass in dieser Form verfügen können.
Diesen Folgen, aber auch den Möglichkeiten zur Regelung sollte sich jeder bewusst sein. In jedem Fall sind Regelungen zu treffen, die der individuellen Interessenlage entsprechen. Auch hier sollten steuerliche Aspekte in jedem Fall berücksichtigt werden. Wir beraten Sie gerne – vereinbaren Sie einfach einen Termin zur Beratung unter 0681 3875 1450