Das Behindertentestament
Eltern, die ein Testament errichten wollen und ein behindertes Kind haben, stehen oftmals vor besonderen Herausforderungen. HIerbei können fatale Fehler passieren. Ein einführendes und abschreckendes Beispiel finden Sie hier.
Ausgangslage
Einerseits drängt sich die Frage auf, wer das Kind versorgt, wenn die Eltern einmal nicht mehr sind. Andererseits treibt die Eltern häufig die Frage um, wie das Vermögen vor dem Zugriff der Sozialhilfeträger geschützt werden kann.
Aber auch hierfür bietet das Erbrecht verschiedene Lösungen.
Enterbungslösung
In der Regel keine gute Lösung ist, das behinderte Kind zu enterben. Einerseits steht ihm dann nur ein geringer Betrag zur Verfügung, um die Versorgung zu sichern. Andererseits entstehen Pflichtteilsansprüche. Auf diese kann der Sozialhilfeträger zugreifen. Dem Kind verbliebe nur ein geringer Schonbetrag.
Gleichwohl sind Konstellationen denkbar, in denen sich diese Lösung anbietet. Wir besprechen mit Ihnen den Einzelfall.
Pflichtteilsverzicht
Ein Pflichtteilsverzicht vor Eintritt des Erbfalls ist ebenfalls keine gute Idee, wenn das behinderte Kind Bezieher von Sozialleistungen ist. Der Pflichtteilsverzicht wird aller Voraussicht nach keinen Bestand haben. Spätestens im Zeitpunkt des Erbfalls wird ein beteiligter Sozialhilfeträger dagegen vorgehen.
Ein nach dem Erbfall vereinbarter/erklärter Pflichtteilsverzicht mit den Erben kann wirksam sein. Dies hat das OLG Hamm am 09.11.2021 entschieden (Az. 10U19/21). Problematisch kann dann jedoch die Geschäftsfähigkeit des Behinderten sein. Ein Betreuer wird einen solchen Vertrag nicht abschließen können, ohne gegen seine Pflichten zu verstoßen.
Vor- und Nacherbschaftslösung
Eine weitaus kompliziertere, dafür aber meist „passendere“ Lösung ist die sog. Vorerbenlösung. Hierbei wird das behinderte Kind als sog. “nicht befreiter Vorerbe” eingesetzt. Der Erbteil liegt knapp oberhalb des Pflichtteils. Als Nacherben werden die Geschwister oder der Längstlebende der Ehegatten eingesetzt.
Dies hat den Vorteil, dass der Sozialhilfeträger auf die Vorerbenstellung des Behinderten keinen Zugriff nehmen kann. Gleichzeitig kann der Behinderte auf Erträge aus dem Vermögen zurückgreifen. Durch die Nacherbenregelung wird sichergestellt, dass Vermögen in der Familie verbleiben kann.
Testamentsvollstreckung
Sinnvoll erscheint es, für die Vorerbschaft des Behinderten eine dauerhafte Testamentsvollstreckung anzuordnen. So kann dem Testamentsvollstrecker die Aufgabe übertragen werden, aus den Erträgen das behinderte Kind zu versorgen. So ist die Versorgung dauerhaft gesichert. Auch die Anweisungen sollten so genau als möglich bezeichnet werden.
Regelungen können sowohl in einem Einzeltestament, als auch in einem gemeinschaftlichen Testament geregelt werden. In der Regel wird bei Eheleuten ein Erbvertrag sinnvoll sein. Hier sollte u.a. die Reichweite einer Bindungswirkung genau beleuchtet werden.
Beratung unabdingbar
Sowohl die Regelung im Einzelnen, als auch die Auswahl eines geeigneten Testamentsvollstreckers sollten erst nach einer ausführlichen Beratung erfolgen. Korrekturen sind im Nachhinein -wenn überhaupt- nur sehr schwer möglich. Hierbei gilt zu beachten, dass die Erben un damit das behinderte Kind in aller Regel an den Testamentsvollstrecker für sehr lange Zeit gebunden sind. Eine Entlassung ist nur ausnahmsweise vorgesehen.
Wir helfen Ihnen gerne. Die Kosten für eine Beratung sind in Relation zu möglichen Fehlern “ihr Geld wert”. Vereinbaren Sie gleich einen Termin 0681 3875 1450.