Enterbung
Nicht selten kommt es vor, dass es zwischen Eltern und Kindern zu schwerwiegenden Zerwürfnissen kommt. Häufig heiß es dann
Du wirst enterbt!
Ganz so dramatisch wie es sich anhört, ist es dann meist doch nicht. Die Eltern müssen zunächst einmal ein wirksames Testament errichten und die Kinder enterben. Den Kindern bleibt dann in der Regel zumindest der Pflichtteil. Dieser beläuft sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Versuchen die Eltern, diesen durch Schenkungen auszuhöhlen, so bleibt den Kindern der Pflichtteilsergänzungsanspruch. In beiden Fällen besteht ein umfassender Auskunftsanspruch, dessen Ziel ein Nachlassverzeichnis ist. Dieser Anspruch auf Auskunft kann auch zwangsweise durchgesetzt werden. Ein Beispiel aus der Praxis finden Sie hier.
Zu diesen Themen haben wir auch etwas für Sie zum Download bereitgestellt. Dies soll eine erste Information sein. Die Details klären wir am besten bei einem persönlichen Gespräch. Einen ersten Überblick verschafft die Erstberatung.
Aber auch wenn die Kinder formal zwar Erben bleiben, die Eltern zu Lebzeiten durch Schenkungen an Dritte das Erbe „schmälern“, sind die Kinder nicht schutzlos. Hier hilft dann der sog. „Zusatzpflichtteil“ weiter. Ein Beispiel finden Sie hier.
Wird der Nachlass z.B. übermäßig mit Vermächtnissen belastet, oder stellt die Testamentsvollstreckung eine unbillige Härte dar, so kann der Erbe nach § 2306 BGB ausschlagen und seinen Pflichtteil geltend machen. Auch bei unklarer Vermögenslage kann dies sinnvoll sein. So kann die Haftung beschränkt werden. Es bestehen hierzu aber noch weitere Möglichkeiten.
Keine Handhabe besteht, wenn die Eltern das Erbe einfach verleben. Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Kinder enterbt wurden oder ob Ihnen der Erbanteil bleiben soll. Daran können die Eltern nicht gehindert werden. Auch das Einfordern des Erbteils zu Lebzeiten wird nicht erfolgreich sein.
Möglich ist, mit den Kindern einen Erb- und Pflichtteilsverzicht zu vereinbaren. Dies ist meist aber nur gegen Zahlung einer entsprechenden Gegenleistung möglich. Gleichwohl sind Situationen denkbar, in denen dies sinnvoll erscheint. Mitunter in Unternehmerfamilien kann dies durchaus seinen Charme haben. Dies gilt gerade dann, wenn einzelne Kinder mit der Firma “nichts am Hut” haben. Pflichtteilsansprüche können eine Firma schnell in wirtschaftliche Schieflage bringen. Dies sollte bei der Errichtung eines Unternehmertestaments oder der Gründung einer Familiengesellschaft berücksichtigt werden.
Aber auch Schenkungen zu Lebzeiten mit der klaren Anordnung, dass diese auf den Erb- oder Pflichtteil anzurechnen sind, sind ein probates Mittel. Diese Anordnung muss dann aber spätestens im Zeitpunkt des Vollzugs der Schenkung klar formuliert werden. Aber auch Zuwendungen als Ausstattung können den Erb- oder den Pflichtteil schmälern.
Auch die Übertragung zu Lebzeiten gegen Gegenleistung stellt ein probates Mittel dar, den Anspruch evtl. “ungeliebter” Abkömmlinge zu schmälern. Man spricht von der “Übergabe mit warmer Hand” oder technischer von der vorweggenommenen Erbfolge. Als Gegenleistung kommen Nießbrauch, Wohnrecht, Pflege– oder Versorgungsverpflichtung, sowie die Zahlung einer Leibrente in Betracht. Dies hat mitunter auch steuerliche Vorteile. Aber auch hier steckt der Teufel im Detail.
Tatsächlich leer gehen die Kinder dann aus, wenn sie entweder erbunwürdig im Sinne von § 2339 BGB sind oder ihnen der Pflichtteil wirksam entzogen wurde. Dies sind bedauerliche uns meist irritierende Einzelfälle.
Nur so viel: Die Schwelle zur Erbunwürdigkeit oder zum Pflichtteilsentzug ist sehr hoch. Jedem ist zu wünschen, dass es hierzu nicht kommt und dass er so etwas nicht erleben muss. Die abschließenden Situation ergeben sich aus § 2333 BGB (Pflichtteilsentziehung) und § 2339 BGB (Erbunwürdigkeit).
Am häufigsten praktikabel ist die Vereinbarung eines Erb- und Pflichtteilsverzichts gegen Zahlung einer entsprechenden Abfindung oder die Vornahme einer Schenkung unter Anrechnung auf den Pflichtteil bzw. als Ausstattung im Sinne von § 1624 BGB. Häufig wird Vermögen auch im Zuge der vorweggenommenen Erbfolge zu Lebzeiten übertragen. In allen Fällen sind evtl. steuerliche Pflichten zu erfüllen. Abfindungen sind meist auch steuerpflichtig. Daher sollten derlei Konstruktionen sorgfältig geplant sein – auch in steuerlicher Hinsicht. Insbesondere von BEdeutung ist, wer die Abfindung zahlt (Stichwort: Steuerfreibeträge).
Im Einzelfall kommen auch andere Strategien in Betracht, Pflichtteilsansprüche wirksam zu schmälern oder Vermögen zu Lebzeiten zu übertragen. Auch der Entzug des Pflichtteils ist an ganz enge Formalien gebunden. Mitunter muss er z.B. notariell beurkundet werden.
Zwar denkbar, aber eher selten kommt es vor, dass für den Erbfall bewusst eine Rechtswahl zu Gunsten einer Rechtsordnung getroffen wird, in der es kein Pflichtteilsrecht gibt. Unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist, erklären wir Ihnen gerne. Ein einführendes Beispiel finden Sie hier.
Über eines sollten sich Angehörige aber im Klaren sein: Auch wenn sie erbrechtlich leer ausgehen – die Bestattungskosten haben Sie meist trotzdem zu tragen.
Zur Umgehung bzw. Schmälerung des Ehegattenerbrechts sind ggf. andere Wege einzuschlagen. In Betracht kommt ein Ehevertrag mit Erb- und ggf. Pflichtteilsverzicht.
Zu allen Punkten beraten wir Sie als künftigen Erblasser gerne. Wir erarbeiten eine maßgeschneiderte Lösung und bringen diese dann auch in die erforderliche Form. Aber auch die Erben beraten wir gerne, ob die Erbschaft überhaupt angenommen werden soll oder ob eine Ausschlagung nach § 2306 BGB oder die Geltendmachung des Zusatzpflichtteils sinnvoller ist.
Da auch die Ausschlagung nach § 2306 BGB an Fristen gebunden und nur schwer rückgängig zu machen ist, sollten Sie keine Zeit verlieren. Ein Beispiel für eine fatale Fehleinschätzung finden Sie hier.