Testament als Auslegeware?
Nicht selten ist, dass sich Erblasser in ihrem Testament nicht klar ausdrücken oder die Anordnungen missverständlich sind. Dann ist das Testament auszulegen.
Erblasserwille entscheidend
Oberste Prämisse ist die Ermittlung des Willens des Erblassers. Zu ermitteln ist, was der oder die Erblasser tatsächlich wollten. Dies kann mitunter schwierig zu ermitteln sein. Insbesondere könne sich Schwierigkeiten tatsächlicher Art ergeben, wenn Eheleute ein gemeinschaftliches Testament errichten und Schlusserben einsetzen.
Bindungswirkung gewollt?
Tatsächlich stellt sich dann oft die Frage, ob der Längstlebende die Einsetzung der Schlusserben noch einseitig abändern kann oder ob ihm die Bindungswirkung des § 2270 II BGB dies verbietet. Dies kann fatale Folgen haben, insbesondere dann, wenn sich die Verhältnisse nach dem Tod des Erstverstebenden gravierend ändern.
Hierzu folgender Fall:
Amalie (A) und Berta (B) sind seit 2005 verpartnert, leben aber schon seit 1976 in “wilder Ehe” zusammen. Sie sind in Saarbrücken angesehen und haben sich mit ihrem Kaffeehaus ein nicht unerhebliches Vermögen erarbeitet.
Nachlass geregelt (?)
Ihren Nachlass haben sie bereits kurz nach der Trauung durch ein gemeinschaftliches Testament geregelt. Hierzu haben sie sich kurz vorher durch ihren alten Squash-Kameraden Friedwart Grün beraten lassen. Dieser hatte seit Jahrzehnten erfolglos versucht, A von den Vorzügen eines „echten“ Mannsbildes zu überzeugen. Er war als Casanova wohl ebenso sorgfältig, wie als Anwalt.
Gemeinschaftliches Testament
Die beiden errichteten ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich zunächst wechselseitig als Alleinerben einsetzten. Schlusserbe sollte B’s Neffe (N) werden, da dieser sich „in aufopferungsvoller Weise“ um das Geschäft kümmerte und auch sonst für seine Tante B und gewissermaßen auch für A alles getan hat. Er war ein guter Junge. So weit, so gut.
Erbfall nach B ist eingetreten
Der Erbfall nach B ist eingetreten. N war völlig überrascht und enttäuscht, dass seine Tante die A als Alleinerbin eingesetzt hat. Hatte ihm doch der Grün am Stammtisch etwas ganz anderes erzählt. N titulierte die A als „Erbschleicherin“ und kümmerte sich nicht mehr um sie. Er verunglimpfte sie in ganz Saarbrücken.
Bindungswirkung?
A suchte unsere Kanzlei auf. Sie wollte diese unsägliche Schlusserbeneinsetzung ändern. Leider mussten wir sie enttäuschen. Zwar wurde die Bindungswirkung des § 2270 II BGB nicht ausdrücklich angeordnet. Die Formulierung ließ aber auf einen Bindungswillen (zumindest der B) schließen. Eine abweichende, klarstellende Formulierung war dem Testament nicht zu entnehmen- Typisch Friedwart.
A zu Tode betrübt
Über diese Auskunft war die A zu Tode betrübt. Wir zeigten ihr den einzigen Ausweg aus dieser Situation (Ausschlagung). Diesen wollte sie aber nicht. Also blieb ihr nur, das Vermögen bestmöglich „zu verleben“. Sie kaufte sich mit fast 90 Jahren einen neuen Porsche Targa 4 GTS, sowie für schlechte Tage einen Cayenne, unternahm viele Reisen und ließ sich die Gesellschaft anderer -v.a. junger Damen- etwas kosten.
Dieser Fall ist angelehnt an die Entscheidung des OLG Köln vom 29.03.2023 (Az. 2 Wx 39/23), leider aber keine Ausnahme.
Sie wollen so etwas nicht erleben? Sie möchten Ihr Testament überprüfen? Vereinbaren Sie am besten gleich einen Termin zur Beratung unter 0681 3875 1450.