Nicht alles ist erlaubt…
Immer wieder kommt es vor, dass Erblasser in ihren Testamenten die Berufung der Erben an Bedingungen knüpfen. Grundsätzlich sind die Grenzen weit zu ziehen, was erlaubt ist. Dies hängt mit der Testierfreiheit zusammen. Manchmal schießen Erblasser aber auch übers Ziel hinaus. Dies kann dazu führen, dass entweder die Bedingungen oder gar das ganze Testament unwirksam (sittenwidrig) sind. Hiermit hat sich das OLG Hamm (Az. 10 U 58/21) beschäftigt.
Hierzu folgendes Fallbeispiel:
Amalie (A) war verwitwet und lebte mit Ihrem Sohn Peter (P) und dessen Tochter Klara (K) in einem schönen Einfamilienhaus in St. Wendel. Zu ihrer Tochter (T) hatte sie lange keinen Kontakt mehr.
P hatte sich spät geoutet und war seit langem mit seinem Lebensgefährten Ludwig (L) liiert. Dieser lebte aber in seiner eigenen Wohnung in St. Ingbert und war nur an Wochenenden in St. Wendel. A hatte sich damit abgefunden. Sie akzeptierte L, schätzte ihn und man lebte teilweise als Familie unter einem Dach. Zu keiner Zeit gab es Streit zwischen A und L.
Die große Überraschung kam, als A verstorben war und ihr Testament eröffnet wurde:
Sie setzte P und K zu ihren Alleinerben ein, jedoch unter der Bedingung, dass L das gemeinsam bewohnte Haus nie mehr betreten darf. Bei Zuwiderhandlungen sollte das Haus veräußert und der Erlös einer mildtätigen Organisation zukommen.
Zur Überwachung der Bedingung setzte sie ihren langjährigen Squash-Kameraden, den „bekannten“ Rechtsanwalt Friedwart Grün (F) als Testamentsvollstrecker ein. Dieser witterte ein Geschäft und „observierte“ fortan das Haus in St. Wendel. Als er sah, dass L nach wie vor in dem Haus ein- und ausging, sah er seine Stunde gekommen! Praktischerweise war seine Frau Kristel als Maklerin tätig… (Stichwort: der makelnde Anwalt!)
Er kündigte dem P gegenüber vollmundig an, nunmehr das Haus verkaufen zu wollen und hiermit im Übrigen seine Frau Kristel beauftragt zu haben. P handelte schnell und beantragte beim Landgericht Saarbrücken zunächst eine einstweilige Verfügung, die F vorläufig untersagte, das Haus zu veräußern. Sodann beantragte er im Hauptsacheverfahren die Feststellung, dass die Bedingung (Hausverbot gegen L) unwirksam war.
Nach zwei Instanzen stand fest, dass die Bedingung unwirksam war. Zwar sei grundsätzlich eine Anweisung zur Nutzung eines Nachlassgegenstandes zulässig. Die Grenze sei aber dann erreicht, wenn die Bedingung den höchstpersönlichen Lebensbereich des Erben betreffe. Dies war vorliegend der Fall.
Diesen Ärger hätte A ihrem Sohn ersparen können, wenn sie sich vor Errichtung des Testaments hätte beraten lassen. So musste P neben dem Tod seiner Mutter auch noch den Prozess gegen F verkraften. Dieser ging wieder einmal leer aus. Auch als Testamentsvollstrecker wurde er entlassen.
Wir beraten Sie gerne – sei es bei der Errichtung eines Testaments oder aber wenn Sie Erbe geworden sind, sich aber einer Bedingung ausgesetzt sehen.