Pflichtteilsergänzungsanspruch trotz Erbenstellung
Auch wer zum Erben berufen ist, kann mitunter einen Anspruch auf Pflichtteilsergänzung haben. Dies regelt § 2326 BGB.
Sachverhalt
Häufig wollen Erblasser z.B. einzelne Abkömmlinge bevorzugen. Dass ein Pflichtteilsanspruch besteht, ist weitestgehend bekannt. Auch dass dieser 1\2 des gesetzlichen Erbteils beträgt ist nichts Neues. Voraussetzung ist, dass der Erbe auch Pflichtteilsberechtigter ist.
Umso verlockender ist die Idee, einen Pflichtteilsberechtigten mit einer Erbquote zu bedenken, die geringfügig über seinem Pflichtteil liegt oder aber den Nachlass zu Lebzeiten wertmäßig zu entleeren. Dann bleibt dem Pflichtteilsberechtigten zwar formal seine Erbquote. Tatsächlich erhält er aber wertmäßig deutlich weniger, als es sein Pflichtteilsanspruch wäre.
Beispiel:
Karl ist verwitwet und hat 2 Kinder. Sein Sohn lebt bei ihm im Haus und kümmert sich um ihn. Die Tochter lebt in Hamburg und schreibt nur zu Weihnachten und Geburtstag.
Karl ist Eigentümer eines kleinen Hauses in Saarbrücken. Weiteres Vermögen hat er nicht. Er möchte, dass sein Sohn das Haus in Saarbrücken erhält. Seine Tochter soll möglichst leer ausgehen.
Daher überträgt er das Eigentum an der Immobilie im Jahre 2020 schenkweise auf seinen Sohn. Ein Testament errichtet er nicht. Aus seiner Sicht gibt es ja nichts mehr zu regeln. Als Karl im Jahre 2022 verstirbt, findet sich außer etwas Bargeld kein werthaltiger Nachlass mehr. An sich würde die Tochter leer ausgehen. Sie macht erfolgreich den Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend. Dieser beträgt immerhin 1\4 des fiktiven Nachlasses.
Pflichtteilsergänzungsanspruch
Exakt diese Fälle und diejenigen, bei denen die Erbquote im Testament geringfügig über der Pflichtteilsquote liegt, hat § 2326 BGB im Blick. Auch dem Erben, der formal nicht enterbt wurde und der sich keinen Belastungen ausgesetzt sieht, soll zumindest der Pflichtteil bzw. der Pflichtteilsergänzungsanspruch erhalten bleiben. Auch dieser beläuft sich auf 1\2 des gesetzlichen Erbteils.
Zu berücksichtigen ist hierbei, dass Schenkungen grundsätzlich mit jedem Jahr zu 10 % an Wert verlieren (Abschmelzung). Ausnahmen besprechen wir gerne mit Ihnen. Fernerhin besteht der Auskunftsanspruch gemäß § 2314 BGB nicht für den Pflichtteilsergänzungsanspruch des Erben. Er muss sich die Informationen selbst beschaffen. Auch hierbei sind wir gerne behilflich. Gleichwohl können sich hieraus sehr schnell erhebliche Ansprüche ergeben.
Lassen Sie sich beraten, ob in Ihrem Fall Ansprüche bestehen. Häufig lassen sich mit den begünstigten Erben auch einvernehmliche Lösungen finden.
Wir beraten Sie gerne. Vereinbaren Sie einen Termin zur Beratung. 0681 3875 1450.